Windkanal-Freiflugmessungen zur Bestimmung flugmechanischer Kenngrößen
- Parameter identification by free flight wind tunnel tests
Nowack, Jan; Alles, Wolfgang (Thesis advisor)
Aachen : Publikationsserver der RWTH Aachen University (2010)
Doktorarbeit
Aachen, Techn. Hochsch., Diss., 2010
Kurzfassung
Zur Gewinnung flugmechanischer Kenngrößen von Fluggeräten sind Experimentaltechniken, wie Freiflug- und Windkanalversuche, den heute immer besser werdenden numerischen Verfahren zum Trotz weiterhin essentiell notwendig. Jedoch weisen beide genannten Techniken Nachteile auf: Zum einen entstehen bei Windkanalmessungen aufgrund der Befestigung des Fluggerätes Strömungsinterferenzen. Zum anderen können Kopplungseffekte, welche durch die Bewegung des Luftfahrzeuges in der Strömung entstehen, nur unter größtem Aufwand aufgenommen werden - in manchen Fällen ist nicht einmal dies möglich. Die Nachteile der Freiflugtechnik bestehen in den nicht reproduzierbaren Bedingungen (atmosphärische Störungen), den hohen Kosten sowie in dem Risiko, gerade das bemannte Testflüge bergen. Ziel dieser Arbeit, welche am Lehrstuhl für Flugdynamik der RWTH Aachen durchgeführt wurde, ist der Aufbau einer reproduzierbaren Freiflugumgebung zur kosteneffektiven Identifizierung wichtiger flugmechanischer Kenngrößen in einem dabei frühen Planungsstadium. Dazu werden die Vorteile der Freiflugtechnik mit jenen des Windkanals kombiniert, indem der Freiflug in den Windkanal und damit unter Laborbedingungen gebracht wird. Position und Lage des Modells werden mittels eines 3D-Kamerasystems, das über eine hohe Bildwiederholungsrate und -genauigkeit verfügt, aufgenommen. So muss das Modell lediglich mit Sensoren für die Ruderpositionen sowie die Motordrehzahl ausgestattet werden. Das Modell und der gesamte Prozess werden durch ein Echtzeitsystem gesteuert und geregelt, welches zuvor in MATLAB/Simulink implementiert wurde. Ein adaptiver Parameteridentifizierungsalgorithmus, basierend auf einer Regression im Frequenzbereich, generiert die benötigten Anregungsmanöver und wertet diese in Echtzeit aus. Aufgrund seiner Adaptionsfähigkeit benötigt dieser Algorithmus nur geringe Vorkenntnisse über die Modelleigenschaften. Die Manöver werden so lange angepasst, bis sie möglichst exakt die Eigenfrequenzen des Modells anregen. Die verwendete Regelung hat die Aufgabe, das Fluggerät nach einem Identifizierungsmanöver in eine vorgegebene Position im Windkanal zu führen und dort zu trimmen. Zusätzlich übernimmt der Regler das Fluggerät, sobald sich dieses dem Freistrahlrand nähert, und versucht es zurück in die Mitte der Strömung zu führen. Aufgrund der hohen Nichtlinearitäten und der Agilität der Modelle wird die nichtlineare dynamische Inversion verwendet. Diese wird durch ein Pseudo-Control-Hedging erweitert, um Probleme mit nichtlinearen Raten- und Ausschlagsbegrenzungen sowie die Invertierung der Stelldynamik zu vermeiden. Da diese Kombination gegenüber Parameterunsicherheiten, wie sie gerade in diesem Fall vorhanden sind, noch wenig robust ist, werden zusätzliche adaptive Terme in Form eines neuronalen Netzes integriert. Nach dem Freiflugexperiment erfolgt eine Identifizierung mittels Offline-Algorithmen, in welchen aufgrund der vorhandenen Ressourcen nichtlineare Modelle und bessere Filteralgorithmen zur Anwendung kommen. Aufgrund des Sensorkonzeptes sind Sensordrift sowie Bias in den Signalen nicht vorhanden, so dass hier ein Gleichungsfehlerverfahren ausreicht. Die Validierung erfolgt am Beispiel eines Fluggerätes im Windkanal des Lehrstuhls für Flugdynamik.
Identifikationsnummern
- URN: urn:nbn:de:hbz:82-opus-32557
- RWTH PUBLICATIONS: RWTH-CONV-208077